Cost Engineering

Wie Chinas Kontrolle über Seltene Erden die Beschaffungsstrategien in der Automobilindustrie unter Druck setzt


Vor wenigen Wochen stoppte China den Export von sieben kritischen Metallen aus der Gruppe der Seltenen Erden. In der Folge begannen Hersteller von Elektrofahrzeugen, Elektronikzulieferer und Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtbranche, ihre Beschaffungsstrategien und Kostenbasen neu zu bewerten. Diese Maßnahme zeigte erneut, wie stark konzentriert die globale Lieferkette für kritische Materialien tatsächlich ist.

Seltene Erden bezeichnen eine Gruppe von 17 Metallen, die zwar geologisch weit verbreitet sind, aber für moderne Technologien unverzichtbar sind. Diese Materialien spielen eine entscheidende Rolle bei der Herstellung von Windkraftanlagen, Halbleitern, Elektrofahrzeugen und militärischen Systemen.

 

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China kontrolliert über 70 % der globalen Lieferkette für Seltene Erden und verfügt nahezu vollständig über die Raffineriekapazitäten dieser Materialien. Wird diese einzige Quelle unterbrochen, sind die Auswirkungen nicht nur auf Verzögerungen in der Logistik oder beim Einkauf beschränkt. Vielmehr reicht die Störung tief in den Produktlebenszyklus hinein – von der Stückliste bis zur Endmontage. Die jüngsten Exportbeschränkungen betreffen insbesondere die sogenannten „mittelschweren“ und „schweren“ Seltenen Erden wie Dysprosium, Terbium und Samarium. Laut Financial Times sind diese nicht nur essenziell für Hochleistungsmagnete, die extremen Temperaturen standhalten, sondern auch für kritische Systeme wie Jettriebwerke, Lenkmechanismen für Raketen und Antriebe von Elektrofahrzeugen.  

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Die Lagerbestände in der Automobilindustrie werden bedenklich knapp. Laut Jan Giese, Metallhändler beim Frankfurter Unternehmen Tradium, verfügen die meisten Automobilhersteller und Zulieferer offenbar nur über Vorräte für zwei bis drei Monate. Allgemeinere Schätzungen gehen von maximal drei bis sechs Monaten aus. Diese Sorge ist keineswegs theoretisch. Eine Führungskraft aus der Automobilbranche bezeichnete die Lage als „gravierend“ für Tesla und andere globale Hersteller von Elektrofahrzeugen. Auf einer Skala von eins bis zehn stufte die Führungskraft die Auswirkungen mit sieben oder acht ein.  

Wenn wir in diesem Zeitraum – oder zumindest annähernd – keine Magnetlieferungen in die EU oder nach Japan erhalten, dann werden wir echte Probleme in der automobilen Lieferkette sehen.

 

Cost Engineering wird zur strategischen Funktion 

Die aktuellen Exportbeschränkungen für Seltene Erden verdeutlichen einen bedeutenden Wandel in der Rolle von Cost Engineers. Führungskräfte aus den Bereichen Einkauf, Produktentwicklung und Finanzen wenden sich zunehmend an Cost-Engineering-Teams, um in einem komplexen und volatilen Umfeld fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Um diesen Herausforderungen wirkungsvoll zu begegnen, müssen Cost Engineers unter anderem folgende Entscheidungen unterstützen: 

  • Neubewertung von Beschaffungsoptionen durch regionalspezifische Should-Cost-Kalkulationen

  • Unterstützung von Einkaufsverantwortlichen bei der Bewertung von Materialsubstitutionen

  • Analyse der Auswirkungen auf den CO₂-Fußabdruck beim Einsatz alternativer Materialien

  • Bereitstellung aktueller Daten für Finanzabteilungen zur Bewertung von Margenveränderungen bei Rohstoffpreisänderungen    

Im aktuellen Marktumfeld bleibt nur wenig Zeit für umfangreiche Analysen. Wenn Lieferant*innen Engpässe ankündigen oder Regierungen neue Beschränkungen erlassen, müssen Cost-Engineering- und Einkaufsteams innerhalb weniger Stunden – nicht Tagen oder Wochen – reagieren. Die Fähigkeit, schnell zu handeln und abteilungsübergreifend zu kooperieren, ist daher entscheidend. 

Warum herkömmliche Kalkulationstools unter geopolitischem und beschaffungsseitigem Druck versagen 

Während Einkaufs- und Supply-Chain-Teams unter Hochdruck nach neuen Bezugsquellen suchen, stehen auch Cost-Engineering-Abteilungen vor einem drängenden Problem: Viele der genutzten Kalkulationstools sind veraltet. Sie basieren auf stabilen Eingangsparametern, vorhersehbaren Preisen und kontinuierlichen Lieferantenbeziehungen – eine Annahme, die heute nicht mehr zutrifft.

Die meisten Legacy-Systeme zur Kostenkalkulation stützen sich auf Excel oder klassische Enterprise-Tools, die mit statischen historischen Daten arbeiten. Diese Systeme sind nicht darauf ausgelegt, geopolitische Risiken abzubilden oder die Auswirkungen schnell veränderlicher Materialverfügbarkeiten zu modellieren. Infolgedessen können Cost Engineers keine regionalen Preisschwankungen simulieren, keine alternativen Stücklisten (BoMs) analysieren oder Abwägungen zwischen Kosten, Lieferzeiten und Nachhaltigkeit quantifizieren – zumindest nicht in dem Tempo, das für zeitkritische Entscheidungen erforderlich ist.

Selbst wenn Hersteller bereit sind, in alternative Lieferwege zu investieren, bleiben strukturelle Hürden bestehen. Finanzverantwortliche zögern oft, neue Projekte zu unterstützen, weil China durch Produktionsausweitungen globale Marktpreise beeinflussen und neue Anbieter aus dem Markt drängen kann. Diese Kontrolle verhindert stabile Preise für neue Marktteilnehmer. Zudem werden viele kritische Materialien kundenspezifisch produziert, was Substitutionen verlangsamt und erschwert.  

Expert*innen sind der Ansicht, dass langfristige staatliche Unterstützungsmaßnahmen wie zinsgünstige Finanzierungen und Rohstoffreserven aus anderen Ländern als China notwendig wären, um eine unabhängige Lieferkette aufzubauen.

 

Solche strukturellen Änderungen benötigen jedoch Zeit. Unternehmen brauchen in der Zwischenzeit anpassungsfähige Tools, um wettbewerbsfähig und resilient zu bleiben. 

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Wie Cost Engineering Software eine intelligentere Sourcing-Strategie unterstützt

Im Gegensatz zu traditionellen Kalkulationssystemen, die auf statischen Technologiedatenbanken und offline gepflegten Excel-Modellen basieren, integriert die Product Costing Software von Tset kontinuierlich reale Marktdaten sowie Lieferanteninformationen – und ermöglicht es so, auf Preisveränderungen und potenzielle Risiken frühzeitig zu reagieren. Dadurch können Kosten dynamisch und bei Bedarf modelliert werden – nicht erst im Nachhinein. Tset ermöglicht es Hersteller*innen, Kostenveränderungen über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg zu verstehen, zu simulieren und entsprechend zu handeln.

Die Cost Engineering Software von Tset unterstützt Unternehmen in allen drei notwendigen Phasen der Reaktion auf Störungen: 

  • Reagieren: Durch die Identifikation betroffener Kostentreiber können Cost Engineers kurzfristig realistische Änderungen modellieren und erste Gespräche mit Lieferant*innen fundiert vorbereiten.

  • Stabilisieren: Mithilfe präziser Simulationen und integrierter Daten entwickeln Einkaufs- und Produktteams mittelfristige Lösungen, die Funktionalität sichern und finanzielle Ziele einhalten.

  • Neu ausrichten: Langfristig unterstützt Tset den Aufbau von Kostenmodellen, die geopolitische Unsicherheiten, ESG-Anforderungen und differenzierte Sourcing-Strategien berücksichtigen. 

Mit Tset können Cost Engineering Teams daher: 

  • Lieferkettenkonfigurationen simulieren und geopolitische Risiken antizipieren, indem sie Kosten, Lieferzeiten und CO₂-Auswirkungen alternativer Beschaffungsstrategien modellieren.

  • Kostentreiber auf Bauteil- und Prozessebene identifizieren, um Designentscheidungen und Lokalisierungsinitiativen zu unterstützen.

  • Kostenmodelle in Echtzeit anpassen, um auch bei Störungen Kostenkontrolle und Programmstabilität zu gewährleisten.

  • Lieferantenpreise mit Industriebenchmarks vergleichen und transparente Kostenmodelle für datengestützte Verhandlungen aufbauen.

  • Kosteninformationen und -analysen zentral in einer benutzerfreundlichen Software zusammenführen – für strategische Abstimmung und reibungslose Zusammenarbeit zwischen Einkauf, Finanzen und Entwicklung.  

Diese Funktionen beschleunigen nicht nur operative Reaktionen, sondern ermöglichen auch strukturelle Veränderungen in der Art und Weise, wie Unternehmen Cost Engineering strategisch einsetzen.

Fazit

Erfahren Sie, wie Tset Teams aus Engineering, Einkauf und Finanzen dabei unterstützt, alternative Szenarien zu simulieren, Lieferantenrisiken zu minimieren und schneller sowie strategischer zu entscheiden.

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Wofür werden Seltene Erden verwendet?

Seltene Erden sind für moderne Technologien unverzichtbar. Sie werden u. a. bei der Herstellung von Elektromotoren, Batterien, Windturbinen, Halbleitern, militärischer Ausrüstung und Unterhaltungselektronik eingesetzt. In der Automobilindustrie sind sie besonders relevant für Traktionsmotoren in E-Fahrzeugen und ADAS-Komponenten – aufgrund ihrer magnetischen und thermischen Eigenschaften.

Wer dominiert die Versorgung mit Seltenen Erden?

China kontrolliert über 70 % der globalen Versorgung mit Seltenen Erden sowie nahezu die gesamte Raffineriekapazität. Diese Dominanz ist das Ergebnis staatlich unterstützter Investitionen in Bergbau, Raffinerieinfrastruktur und Exportkontrollen – was es anderen Ländern erschwert hat, wettbewerbsfähige Lieferketten aufzubauen.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen haben Exportbeschränkungen für Seltene Erden?

Exportverbote können zu Materialengpässen, Produktionsverzögerungen und Kostensteigerungen führen – insbesondere in der Automobil-, Elektronik- und Luftfahrtindustrie. Für Einkaufs- und Beschaffungsteams bedeutet das eine sofortige Neubewertung von Lieferantenportfolios, regionalen Risiken und Preisstrategien.

Wie beeinflussen Störungen bei Seltenen Erden die Sourcing-Strategien in der Automobilbranche?

Automobilhersteller sind stark auf Seltene Erden für E-Motoren und elektronische Systeme angewiesen. Bei Störungen müssen Sourcing-Teams alternative Lieferanten, Materialien oder Konstruktionsansätze prüfen. Zudem steigt der Bedarf an regionalspezifischen Kostenmodellen, CO₂-Analysen und Risikobewertungen von Lieferanten.

Wie kann Cost Engineering Software helfen, Sourcing-Störungen abzufedern?

Moderne Tools wie Tset ermöglichen eine schnelle Reaktion auf geopolitische oder materialbezogene Risiken. Sie unterstützen bei der Simulation alternativer Beschaffungsregionen, der Erstellung von Should-Cost-Kalkulationen, der Bewertung von Zielkonflikten zwischen Kosten, CO₂ und Lieferzeit sowie bei der abteilungsübergreifenden Abstimmung auf Basis aktueller Daten.

 

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