In der Beschaffung ist Präzision keine Option, sondern Pflicht. Ein Lieferantenangebot mag auf den ersten Blick solide wirken, enthält aber häufig veraltete Preise, nicht nachvollziehbare Annahmen oder übersehene Kostentreiber. Für OEMs mit engen Beschaffungszyklen und klaren Zielkosten bedeuten diese Abweichungen nicht nur Mehraufwand – sie gefährden Margen, Zeitpläne und die Lieferantenstrategie.
Cost Engineers und Einkaufsteams sind nicht nur dafür verantwortlich, Angebote zu prüfen. Sie müssen die Kalkulationslogik validieren, technische Machbarkeit einschätzen und eine fundierte Grundlage für Verhandlungen schaffen. Jedes Angebot muss sowohl internen Stakeholdern standhalten als auch eine nachvollziehbare Basis für die Lieferantenauswahl liefern.
Auf diesem Niveau wird die Angebotsvalidierung zu einer Kernaufgabe der Beschaffung. Sie ist kein manueller Zwischenschritt mehr – sondern ein strategisches Steuerungsinstrument für Kostenkontrolle und Entscheidungsgeschwindigkeit. Wenn ein einzelnes Projekt Hunderte von Angeboten generiert, darf Genauigkeit kein nachgelagertes Thema sein.
Warum die Validierung von Angeboten heute so komplex ist
Jede Ausschreibungsrunde bringt eine neue Welle von Angeboten. In großen OEM-Programmen sind über 1000 Angebote für mehrere hundert Einzelteile keine Seltenheit. Diese Angebote sollen eine klare Kostenstruktur über Material, Arbeit, Werkzeuge, Overhead und Logistik liefern. Doch die Realität sieht oft anders aus.
Angebote kommen in uneinheitlichen Formaten mit unterschiedlich detaillierten Inhalten. Wichtige Kostenfaktoren – etwa Zykluszeiten, Maschinenauslastung oder Lohnkategorien – fehlen oft oder sind nur vage definiert. In vielen Fällen nutzen Lieferanten interne Annahmen, ohne diese zu dokumentieren. Trotz Abstimmungen zwischen Engineering und Einkauf basieren Angebote häufig auf veralteten Spezifikationen – eine fundierte Validierung ist damit kaum möglich.
Diese Inkonsistenzen führen zu Reibungsverlusten im gesamten Sourcing-Prozess. Ohne standardisierte und validierte Daten lassen sich Angebote schwer vergleichen, Ausreißer kaum erkennen oder Entscheidungen im Steering Committee begründen. Noch gravierender: Die eigene Verhandlungsposition wird geschwächt. Ein Angebot, das nicht aufgeschlüsselt werden kann, lässt sich nicht wirksam hinterfragen.
Auch der Zeitfaktor verstärkt das Problem. Laut einer aktuellen Studie benötigen über 50 % der Hersteller mindestens sechs Wochen für ein Angebot bei komplexen Baugruppen. Die Sourcing-Timelines bleiben jedoch fix. OEMs müssen schneller entscheiden – basierend auf verspäteten und unvollständigen Angeboten. In diesem Kontext wird die manuelle Angebotsprüfung, oft noch in Excel, vom Prozessproblem zum strukturellen Engpass.
