Seit 2019 sind in Europas Automobilzulieferindustrie über 70.000 Stellen verschwunden. Allein in Deutschland wurden mehr als 10.000 Entlassungen bei Teilezulieferern bekannt gegeben – und eine Entspannung ist nicht in Sicht. Die Kürzungen bei Branchengrößen wie Bosch, Ford, Valeo, ZF und Forvia zeigen, wie umfassend die Umstrukturierungen sind. In manchen Fällen fallen bis zu 14.000 Stellen weg – Reaktion auf schrumpfende Margen.
Der gesamte Sektor steht unter Druck. Zulieferbetriebe sehen sich neuen Anforderungen der OEMs gegenüber, kämpfen mit steigenden Kosten und einer holprigen Umstellung auf Elektromobilität. Für Ineffizienzen bleibt kein Raum – und für Anpassung oft keine Zeit. Daraus ergeben sich zentrale Fragen: Gibt es strategischere Wege, auf finanziellen Druck zu reagieren als Stellenabbau? Und: Hätten Unternehmen mit besserer Kostentransparenz und Szenarienplanung früher Handlungsspielraum gehabt?
Stellenabbau lässt sich nicht immer vermeiden. Doch ohne die Fähigkeit, Kosten schnell zu analysieren, Alternativen zu testen oder Risiken vorauszudenken, reagieren viele Unternehmen nur noch – statt proaktiv zu handeln. Was treibt diese Entwicklung an – und wie lässt sich ihr anders begegnen?
Die Branche befindet sich im Umbruch – Zulieferbetriebe geraten von mehreren Seiten unter Druck. Diese Faktoren sind maßgeblich:
Energie, Arbeit und Rohstoffe werden teurer. Laut einer KPMG-Studie verstärken Lieferkettenstörungen die Inflation, was Angebot und Nachfrage gleichzeitig belastet. Für Zulieferunternehmen schrumpfen die Margen – viele greifen deshalb zu Kürzungen.
Trotz vieler Schlagzeilen verlangsamt sich der Absatz von E-Autos in Europa. In Deutschland gingen die Neuzulassungen 2024 um 27 % zurück. Die Transformation kompensiert also nicht die Stellenverluste auf der Verbrenner-Seite. Der Internationale Währungsfonds warnt vor „weitreichenden“ Auswirkungen auf Investitionen, Produktion und Beschäftigung.
OEMs verlangen von ihren Zulieferbetrieben, steigende Kosten zu schultern – und gleichzeitig Preise zu senken. Das erhöht den Druck auf die Margen. So geraten zum Beispiel Logistikdienstleister in Schwierigkeiten, da OEMs Einsparungen fordern, um ihre E-Mobilitätsstrategie aufrechtzuerhalten.
Der Absatz von Verbrennerfahrzeugen hat laut Our World in Data bereits 2017 seinen Höchststand überschritten – seither sinken die Verkaufszahlen. Viele Tier-2- und Tier-3-Zulieferbetriebe haben sich auf Komponenten spezialisiert, die künftig überflüssig werden.
Cost Engineering bedeutet, Produktkosten entlang des gesamten Lebenszyklus zu analysieren, zu steuern und zu optimieren. Doch in vielen Zulieferbetrieben fehlt eine entsprechende Abteilung – oder ist nur rudimentär aufgestellt. Statt strukturierter Daten nutzen Teams häufig verstreute Excel-Dateien oder veraltete Tools. Die Folgen:
Uneinheitliche Kalkulationsansätze
Unklarheit über tatsächliche Kostentreiber
Verzögerungen bei der Bewertung von Einsparpotenzialen
Wenn die Margen schrumpfen und die Transparenz fehlt, bleibt oft nur der Weg über Entlassungen.
Ein strukturiertes Produktkostenmanagement bietet eine Alternative. Mehr Transparenz und schnelle, datenbasierte Entscheidungen geben Unternehmen die Möglichkeit, auf volatile Situationen zu reagieren – ohne reflexartig zu Personalabbau zu greifen.
Lieferketten erfordern heute Geschwindigkeit, Präzision und teamübergreifende Abstimmung. Doch viele Unternehmen reagieren zu spät – weil wichtige Kostendaten fehlen oder nicht rechtzeitig vorliegen.
Hier kann ein strukturierter Cost Engineering-Ansatz, unterstützt durch Produktkosten-Software, den Unterschied machen. Should-Cost-Analysen und spezialisierte Tools helfen Teams, Einsparpotenziale früh zu erkennen – und rechtzeitig zu handeln.
Mit einer Lösung wie Tset können Zulieferbetriebe:
Automatisierte Bottom-up-Kalkulationen für transparente Kostenaufschlüsselung erstellen
Angebote mit marktbasierten Kostendaten vergleichen und überteuerte Preise identifizieren
Konstruktionen frühzeitig mit Zielkosten abgleichen (Design-to-Cost)
Szenarien für Beschaffung oder Fertigung simulationsbasiert analysieren – regional, materialbezogen, variantenbasiert
Teams aus Cost Engineering, Einkauf, Controlling und Entwicklung nahtlos vernetzen
Wo diese Fähigkeiten etabliert sind, wird Cost Engineering zum aktiven Steuerungselement für Entscheidungen – nicht zur Notfallmaßnahme.
Die Automobilbranche erlebt einen ihrer tiefgreifendsten Umbrüche. Manche Stellenstreichungen mögen unvermeidlich sein – doch viele deuten auf strukturelle Schwächen hin: mangelnde Kostentransparenz, uneinheitliche Tools, langsame Entscheidungen unter Druck. Doch Resilienz entsteht nicht durch Reaktion, sondern durch strategische Vorbereitung. Unternehmen, die Cost Engineering als zentrale Disziplin begreifen, sind besser gerüstet, um wettbewerbsfähig zu bleiben, ihren Mitarbeitenden Arbeitsplatzsicherheit zu bieten und Veränderungen souverän zu begegnen.